„Es wäre eine verdammt dämliche Welt, wenn man getötet würde, ohne zu sterben“ sagte TOD neulich. Er war den Vorwurf leid, wahllos Seelen hinweg zu raffen. Er sei lediglich für den Übergang verantwortlich.

Von Zeit zu Zeit treffen wir zwei uns zu einem Spiel Karten und einem kühlen Trunk auf seiner Terrasse und philosophieren über das Leben und den Rest.

Wir reden beide nicht so gerne über unsere Arbeit, sondern mehr über belanglose Themen, wie zB über Katzen. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass wenn Katzen aussehen würden wie Kröten, wir im Nu merken würden, was für arrogante, fiese, hinterhältige und unnütze Tiere das eigentlich sind, die sich die Menschen untertan gemacht haben. Er wiederum findet sie angenehm, weil sie eine entspannte Ruhe verbreiten und hübsch aussehen. Wir einigten uns darauf, beide recht zu haben.
Ich musste ihm aber versprechen, mich seinen Katzen nicht auf weniger als zwei Metern zu nähern, was ich ohnehin nicht vorhatte.

 

Da ich in letzter Zeit mehrere Fragen zum Thema Sterben auf den Tisch bekam, bat ich ihn, mal kurz über seinen Schatten zu springen (es gelingt ihm immer wieder unfreiwillig komisch zu sein ... mit seinem Rauschemantel sah das ziemlich witzig aus, wie er versuchte, mich wörtlich zu nehmen) und mir ein paar Fragen zu beantworten.

Ich: „Übergang wohin?“

TOD: „Wo immer man hin will.“

Ich: „Es gibt nicht nur ein Jenseits, sondern mehrere?“

TOD: „Es gibt sehr viele.“

Ich: „Und sind die Toten dann nicht alle einsam, wenn sie drüben sind?“

TOD: „Die meisten Menschen übernehmen eine standardisierte Jenseitsvorstellung, die auch beinhaltet, andere zu treffen.“

Ich: „Wenn man sich aussuchen kann, woran man glaubt, dann kann es ja nicht passieren, dass man in die Hölle kommt, oder?“

TOD: „Wenn man an die Hölle glaubt, schon. Da gibt es doch diesen Witz …“

Ich: „… Jaja, der ist uralt. Später vielleicht. Wenn man also nicht weiß, dass es die Idee einer Hölle gibt, dann kann man auch nicht hin.“

TOD: „Exakt. Deshalb ist es wichtig, Missionare zu erschießen, sobald man sie in der Ferne näher kommen sieht.“

Ich: „Das meinst Du jetzt doch nicht im Ernst!?“

TOD: „Das ist so typisch menschlich. Ihr bewahrt das Modell einer Hölle nur für den Fall auf, dass ihr es braucht, um euch unliebsame Mitmenschen hineinzuwünschen, ohne daran zu denken, dass sie dann auch für euch bereitsteht.“

Ich: „Was ist mit Wiedergeburt?“

TOD: „Was soll das sein?“

Ich: „Es gibt viele Menschen, die glauben, nach dem Tod gleich wieder geboren zu werden, um ein neues Leben zu leben.“

TOD: „Ah, jetzt verstehe ich. Tatsächlich höre ich diese Frage oft. Aber es gibt kein Zurück. Tot ist tot.“

Ich: „Die Vorstellung, wieder zu kommen, noch eine Chance zu haben, nicht zu enden, die gibt vielen Menschen Hoffnung und Kraft.“

TOD: „Die sollten sich mehr auf das eine Leben konzentrieren und versuchen, das Beste daraus zu machen. Ich erinnere mich an einen Mann, der nannte sich Thomas von Aquin. Er starb während eines Festessens. Sein größter Fehler war es, so sagte er mir, sich so sehr auf die Nachspeise gefreut zu haben, dass er den Hauptgang zu gierig verschlungen hatte und daran verstarb. Bedauernswerter Kerl.“

Ich: „Was geschieht mit unserer Energie?“

TOD: „Pufff...“

Ich: „Es ist also alles aus, nach dem Tod?“

TOD: „Wenn Du es so wünscht, ja.“

Ich: „Was ist denn das angenehmste Jenseits?“

TOD: „Da alle menschlichen Bedürfnisse, Ängste und Wünsche dann nicht mehr existieren, ist es mit Sicherheit zu bevorzugen, einfach nicht mehr zu sein. Sonst fängt man sich in einer ewigen und langweiligen Endlosschleife. Ich erhalte regelmäßig Beschwerden, dass es beispielsweise auf Dauer einer ewigen Verdammnis gleich kommt, immer und immer wieder Met zu trinken und mit Wurfäxten auf Frauenzöpfe zu werfen. Man sollte sich gut überlegen, was man sich wünscht.“

Ich: „Letzte Frage: Sind es wirklich 72 Jungfrauen?“

TOD: „Wie ich schon sagte: Sei vorsichtig, was Du Dir wünscht.“

Es sieht gruselig aus, wenn er versucht, zu lächeln.