- Details
- Veröffentlicht: 25. Juni 2010
Um wie viele Menschen kann man sich gleichzeitig kümmern? Wie viele Freunde gleichzeitig jonglieren, so dass sich keiner vernachlässigt vorkommt oder herunterfällt?
Ich glaube: mehr als zehn Stück ist da nur mit viel beiderseitiger Geduld und Oberflächlichkeit verwaltbar.
So viele, wie man Finger hat. Es heisst ja auch: "...der schüttelt das Bäumchen, der pflückt die Pfläumchen, etc...". Ich habe noch nicht erlebt, dass man bei so einer Art Spruch an der Hand von jemand anderem weiterzählt. Möglicherweise hat das einen Grund.
Was neuerdings erschreckend hinzu kommt: Wir müssen unsere Aufmerksamkeit seit ein paar Jahren noch weiter aufteilen, weil wir uns auch noch um verkümmernde elektrische Geräte sorgen müssen. In meinem Umfeld piept, summt und blinkt es jeden Tag, weil irgendein Gerät Zuneigung in Form von Strom benötigt, oder zumindest eine Pin oder einen Mausklick.
Die Älteren erinnern sich noch: damals haben die meisten Leute den Kopf geschüttelt, als die ersten Tamagotchis auftauchten. Wenn man aber darüber nachdenkt sind die modernen Bloodystupidphones Smartphones aber auch nichts anderes: Ein Spielzeug, das das Leben weder einfacher noch besser macht und das mehr belastet als es wirklich an Nutzen bringt. Obendrein beschleunigt es das Leben weil man noch schneller E-Mails lesen und senden kann und noch schneller und ständig ins Netz kann. Bemerkt ausser mir einer den Psychoterror, den wir uns vorsätzlich aufhalsen?
Wir sind zu hektischen Technikfreaks geworden und finanzieren diesen Wahnsinn auch noch mit. Aber so sehr ich mir vornehme, mir das nicht länger bieten zu lassen, so wenig kann ich (noch) davon lassen. Ich bin eben mächtig neugierig, was für ein technischer Schnickschnack noch in mein Leben tritt.
Es gibt nämlich auch interessante Dinge. Zum Beispiel fand ich, seit ich lesen kann, das Konzept eines gebundenen Buches immer schon dämlich: Man sieht im Dunkeln nichts, die Arme werden schwer vom verkrampft Halten, wo man war muss man sich merken und eine Suchfunktion habe ich schon vermisst, als es noch gar kein Internet gab. Deshalb freue ich mich auf die E-Books. Endlich keinen unnötigen Platz mehr frei halten an den Regalwänden und im Keller für Bücher, die man eh nicht mehr liest. Die Lektüre immer dabei oder im Netz ladbar. Das finde ich toll.
All den übersentimentalen Konservisten, die nur Papier für das einzig Wahre halten, denen kann ich nur raten, einen Schritt weiterzudenken und aus ihrem Erdloch rauszukommen. Aber Menschen sind nun mal blind, wenn es um wirklichen Fortschritt geht. Henry Ford hat einmal gesagt: "Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie dringend brauchen, dann hätten sie gesagt: Schnellere Pferde." Das trifft heute noch zu. Denkt darüber nach.
Wie immer sollte man vor der Hysterie nachdenken, was wichtig ist und was nicht und wo der Unterschied liegt.
Ich möchte mir nur mehr von Geräten helfen lassen, die dafür sorgen, dass ich ohnehin anfallende Aufgaben seltener und effizienter erledigen kann. Dass die Elektronikfirmen uns immer neue Bedürfnisse aufdrängen, die es vorher gar nicht gab und unseren schwachen Willen erfolgreich überzeugen, mehr und mehr zu wollen und zu können, das kann auf Dauer nicht gut gehen. Deshalb freue ich mich schon auf den Altersstarrsinn. Das stelle ich mir entspannend vor: Irgendwann werde ich einfach nicht mehr verstehen, was es Neues gibt und mich zurückbesinnen auf die Zeit "früher": Eine Zeit in der wir noch smart waren und nicht die Taschencomputer.