Es gibt zwei Fraktionen von Menschen. Die Gläubigen und die Zweifler. Also diejenigen, die etwas hinnehmen, weil sie es für eine gute Idee halten und diejenigen die nach ein wenig Nachdenken merken, dass vieles, woran man glauben soll, unplausibel ist.

Wer von den beiden ist glücklicher?


[warum schreibst du nicht weiter?]
[Ich wollte, dass die ein wenig darüber nachdenken. Es sacken lassen, sozusagen.]



[wie lange noch?]
[Is ja gut.]

Natürlich ist der wahrhaft Gläubige zufriedener. Er hat erheblich weniger offene Fragen. Und nicht nur das, er hat sogar Antworten. Das lässt ihm einige Lebenszeit über, die er mit Zufrieden-vor-sich-hinlächeln verbringen kann.

Sollte man also zufrieden sein wollen, muss man, ob freiwillig oder nicht, aufhören über gewisse Zusammenhänge nachzudenken. Es muss eine mentale Schranke aufgebaut werden zwischen der eigenen Erfahrung mit Naturgesetzen und dem Bereich an den man glauben möchte.

Wenn nun mit Hilfe von Messungen festgestellt wird, dass die Dinosaurierknochen 10.000.000 Jahre alt sind, dann ist es logisch unmöglich, von einer von Gottes Hand erschaffenen Welt überzeugt zu sein, die 100.000 Jahre alt sein soll. Da braucht es schon ein Glaubenskonstrukt.

Es entspannt gewaltig, zu wissen, dass nach dem Tod irgendwas passiert, ob Himmel, Hölle oder Wiedergeburt oder Nirwana. Wäre ich Unternehmensberater und müsste eine Religion beraten würde ich auf jeden Fall empfehlen:

„Nehmen Sie unbedingt etwas Schönes für die Zeit nach dem Tod. Sie brauchen sich da auch gar nicht zurückhalten, von wegen Understatement oder so … [Heiseres Kojotengelächter]
Nee, einfach frech mal weg von der Leber alles aufzählen, warum der Suchende ausgerechnet Ihre Religion wählen soll. Da brauchen Sie gar keine Angst haben von wegen Beweis oder dergl, das ist noch nie passiert! [Hohes Kichern wie der Totengräber bei Lucky Luke]
Ich kann Ihnen obendrein auch nur raten, sich auf jeden Fall von anderen Religionen abzugrenzen, also bloß nicht den eigenen Wohlstandhimmel für andere öffnen. Da entsteht ja kein echter Wechseldruck, wie wir so schön sagen. Das muss schon was sein für Mitglieder.
Gut, ob Sie die anderen jetzt wegen Culpa in eligendo unbedingt gleich in das auch vielgenommene Feuer werfen wollen, das bleibt Ihnen überlassen. Hängt auch ein wenig vom Hasspotential der Zielgruppe ab. Wer kein direktes Feindbild hat, der neigt dazu, anderen Menschen auch was zu gönnen und ich sage Ihnen gleich, das ist der Tod einer jeden Religion, wenn Sie verstehen, was ich meine... [Hohles Lachen im Rhythmus mit dem Kugelschreiberklicken]
Was darf ich ankreuzen?“

Und wie immer ist es für mich sehr lustig zu wissen, dass alle, die das hier lesen, über die anderen lächeln. Weil es ist ja immer nur der Glauben der anderen, der lächerlich ist. Der eigene ist wohlüberdacht und –begründet. Ich denke, aufgrund der Häufigkeit dieses Phänomens, dass das in uns drin und damit ein Erfolgsrezept für unser Überleben ist. Deswegen möchte ich niemandem seinen Glauben nehmen, beneide ihn sogar darum. Je mehr Glauben, desto glücklicher ist der Mensch.

Von mir kann ich behaupten, dass ich auch trotz akut klinischem Nichtglauben glücklich bin, aber was machen diejenigen, denen das nicht gelingt? Ohne Flachs halte ich die Unfähigkeit zu glauben für ein gesundheitlich einschränkenderes Übel als Depression oder Essstörung.

Etwas zu Glauben heißt Hoffen, ohne zu Wissen.

Halt, dann glaube ich doch an drei Dinge:

  1. Den wirtschaftlichen Aufschwung
  2. Den Weltfrieden
  3. Und dass die Minnesota Vikings endlich mal den Superbowl gewinnen

Sir Terry Pratchett schrieb, dass Hexen nicht glauben, das ginge nicht, weil sie die Dinge viel zu gut kennen. Sie würden ihr ganzes Leben damit verbringen, Zusammenhänge zu hinterfragen und Hallo zu ihnen sagen, wenn sie einem auf dem Weg begegnen.

Und doch bemühen heutzutage auch viele selbsternannte Hexen in nicht unerheblichem Umfang das Erfolgsmodell „Glauben“.
Und da darf man ihnen eigentlich gar keinen Vorwurf machen. Es ist von sich aus einfach zu … ähm … einfach, sich darauf einzulassen. Und so glauben nach wie vor fast alle Hexen daran, dass es auf die Form, die Farbe und das Material ankommt, um erfolgreich zu sein. Sie kaufen besondere Steine, die Wasser beruhigen sollen und sie sind die ersten, die leugnen, dass „nichts drin“ gleichbedeutend ist mit „kann nichts bewirken“, wenn es um die Geldbeschaffungsmaschine Homöopathie geht.

Aber ich habe gelernt, dass es nichts bringt, gegen Glauben anzukämpfen. Wieso soll man Menschen davon abhalten, glücklich zu sein? Das ist doch Unsinn. Solange sie niemandem schaden, sollen sie es tun.

Irgendwann gegen Ende des letzten Jahrtausends hatte ich in Sarasota, Florida eine Begegnung spät nachts am Strand. Ich unterhielt mich mit einem bärtigen Rockertypen über Tätowierungen, als wir dann auf Religion zu sprechen kamen. Er erzählte mir, wie sich sein Leben geändert hatte und er im Knast Jesus fand und jetzt ein anständiges Leben führt, viel liest, geheiratet hat und letztendlich zufrieden ist. Ich selber war gerade verzweifelt auf der Suche und wusste überhaupt nichts. Das Christentum hatte mir eben nicht geschmeckt und ich hatte es ausgespuckt, fühlte mich insofern zwar frei aber orientierungslos.

Rocker: „Jesus gave me everything. He embraces me and gives me hope.“
Ich: „Well, I don’t know Jesus personally and I don’t like the idea that a carpenter from the far east officially claims to have suffered for my sins. I really think that these are my sins, I'd like to take care of them myself.”
Rocker: „But Jesus gave his life for you!”
Ich: „I do not want that responsibility. He should have asked me!”
Rocker: „It's all just because God loves you and welcomes you.”
Ich: „Well, thank him, and tell him that I really need a girlfriend, a job and some money btw.”
Rocker: „It does not work that way.”
Ich: „How does it?”
Rocker: „You have to be faithful, go to church and pray, then the Lord will welcome you.”
Ich: „Why does he not want me to spend that time and money on welfare things?”
Rocker: „… Well, I don’t know. It is written. In here.” Er zückt die Bibel. (Wer zum Henker hat am Strand eine Bibel dabei? Und wofür? Für Notfälle wie diese?
Ich: „Oh, Constable Visit.”
Rocker: „Pardon?”
Ich: „Just kidding. Do you know Constable Visit-the-ungodly-with-explanatory-pamphlets?”
Rocker: „No. Should I?”
Ich: „Nevermind. What about that welfare-spending-time-thing?”
Rocker: „Jesus said, we should praise the Lord.”
Ich: „Why?”
Rocker: „So we will be saved!”
Ich: „From what?”
Rocker: „From sin!”
Ich: „Why don’t we stop sinning in the first place?”
Rocker: „That’s not possible.”
Ich: „I disagree. It’s just that people do not want to try. Because it is easier to just simply go to church and repent occasionally. People are simple.”
Rocker: „Maybe you are right. But you will never take away my faith in Jesus.”
Ich: „That is ok. I did not mean to try. Sorry.”
Rocker: „I gotta go. Bye lad. You seem to be all right.”
Ich: „Thank you. Do you have an advise for me, what I could do?”
Rocker: Denkt nach. „Yes, always believe, that if I am right, then I will be at heaven’s gate waiting for you and welcome you with a hug.”