Es gibt eine Sache, die mich maßlos ärgert: Betrachtet man die Mitglieder unserer Religion eingehend, dann fällt schnell auf: Wir sind uneinig, schwach und inkonsequent. Und das prangere ich an.

[gib’s ihnen!]
[…]

Hexen zu organisieren ist angeblich so leicht, wie eine Herde Katzen zu hüten.

Den Spruch kennt jeder. Wenn den mir ein Heide augenzwinkernd erzählt, dann schleicht sich ein stolzer Unterton ein, als wäre das etwas, worauf man stolz sein könnte. Dem ist nicht so. Das ist ein Sinnbild für unsere Schwäche. Umgangssprachlich: Wir kriegen nix gebacken.

Was habe ich nicht schon alles erlebt … Zum Beispiel hatte eine liebe Freundin zu unserem sehr gut besuchten Hexenstammtisch einmal einen original irischen Märchenerzähler, der gerade bei ihr zu Besuch war, mitgebracht. Sie hatte das angekündigt und es wurde mit viel Hallo begrüßt. Als der gute Mann dann da war, erzählte er auch in wunderschönem Englisch zwei lange traditionelle Märchen mit viel Enthusiasmus. Da er schon früher gehen musste, fragte er etwas peinlich berührt, ob das mit der Rechnung denn in Ordnung ginge. Ich hatte mich vorher mit ihm gut unterhalten, deswegen versprach ich, dass ich mich darum kümmern würde, er sich keine Sorgen zu machen brauche. Es ging um weniger als 20 Euro, eigentlich lächerlich, aber obwohl alle wussten, dass er für umsonst gekommen war und lediglich darum gebeten hatte, dass wir ihn einlüden einladen würden, sahen alle nur betreten weg, als ich das gegen Ende ansprach und ließen mich (alle!) auf der Rechnung sitzen, als wäre das mein Privatvergnügen gewesen. Zugegebenermaßen bin ich unter den Heiden in Deutschland einer der ganz wenigen Wohlhabenden und der Betrag hat mir nicht weh getan, aber vom Prinzip her hätte ruhig jeder 50 Cent geben können, oder?

Nur wenn es um Geld geht, kann man die Worte der Menschen in wahrem Licht sehen. Absichten werden schnell erklärt, Vorhaben geschmiedet, Pläne gemacht, aber weil jeder Angst hat, die falschen Leute zu unterstützen, gibt kaum einer von uns freiwillig etwas ab.

Ein anderes Mal, als ich beim „Kult der gefallen Götter“ noch aktiv war, wurde stundenlang (!) darüber diskutiert, wie man Mitgliedern (noch nicht einmal auch sonstigen interessierten Besuchern), die wirklich arm waren, ermöglichen könne, zu den Treffen zu kommen. Auch hier brauchte es nur ein paar Euro von jedem und wir hätten den betroffenen Behinderten, Alleinerziehenden, Kranken und Alten, die echt engagiert, aber eben mittellos waren, die Unterkunft und Verpflegung stellen können. Aber man erreichte keine Einigung. Es haben sich von über 120 Mitgliedern nur 3 gefunden, die helfen wollten. Wir taten dies dann abseits der Diskussion unbürokratisch, anonym und ohne Dank zu erwarten, weil wir das für selbstverständlich hielten.

Schlussfolgerung: Hexen als Gemeinschaftsmitglieder sind notorisch arm oder geizig. Sie trauen sich gegenseitig nicht über den Weg. Es ist zwar schön für sie, andere Hexen zu treffen, das machen sie aber fast ausschließlich aus egoistischen Motiven: zur Selbstdarstellung, Partys zu feiern oder um Wissen zu sammeln.
Nicht, weil sie wirklich an einer Gemeinschaft interessiert sind.

Seit ein paar Jahren versuche ich zu eruieren, ob es möglich ist, alle an einen Tisch zu holen, mit einer Stimme zu sprechen, gemeinsam als ein Verbund aufzutreten und vor allem, ein Budget zu verwalten.

Wir bräuchten so dringend (zu allen Punkten werde ich irgendwann mal genauer eingehen):

- Versammlungszentren mit religiösen Stätten und Unterkünften
- eine politische Lobby
- ein Pressezentrum und -sprecher
- eine soziale Wohlfahrt
- ein medizinisches Hilfswerk
- Seelsorger
- Schiedsgerichte

Alles mit freiwilligen und in vielen Fällen auch neben- und hauptberuflichen Helfern. An den Absichten mangelt es nicht, aber eben an der Finanzierung. Es wäre leicht, ein paar Wenige zu finden, die etwas beisteuern, aber nur wenn alle bereit sind, dafür etwas zu tun und zu geben, würde das auf Dauer funktionieren.

[das wirst du zu lebzeiten nicht schaffen]
[Ich muss es aber wenigstens versuchen.]
[wieso?]
[Weil ich etwas kann, das ihr nicht könnt.]
[was? scheitern?]
[Träumen.]