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- Veröffentlicht: 19. März 2013
Alle paar Jahre wieder habe ich morgens Kopfschmerzen und wie es die Göttin in all Ihrer Häme so treffend vorgesehen hat, schickt sie mir dann die Zeugen Jehovas vor die Tür.
Diese Begegnung ist immer etwas surreal, weil mir so viele Dinge durch den Kopf gehen, die ich gerne ihnen gegenüber sagen und tun würde, aber mir fehlt der nötige Elan, das voll durchzuziehen. Weil ich erstens immer vermeiden möchte, dass sich Menschen wegen mir schlecht fühlen und wegen der doofen Kopfschmerzen.
Die "Besucher" sind ja auch immer sehr nett und strahlen dieses schöne Gefühl aus, wirklich glücklich zu sein, dass sie Zeit reservieren konnten, um mit mir über Gott zu sprechen.
Zielgruppe sind wohl Hausfrauen, die gerade vom Kinder-in-den-KiGa-bringen zurück sind und den Einkaufszettel vorbereiten, denn die Läuterei findet bei uns immer am frühen Vormittag statt. Da weiss ich gleich: "Hoppla, die Post kommt später, das müssen sie sein."
Ich gehe also zur Tür, öffne zuerst die Haare und dann die Tür mit einem gütigen Lächeln. (Der Kopf schmerzt, aber die Frisur hält...)
"Guten Morgen!" krähen die beiden Damen. Sie sehen sympathisch aus und haben bestimmt kein Kopfweh.
"Guten Morgen." gebe ich schlagfertig zurück. Ich erspähe einen Zettel, den mir die jüngere von beiden entgegenhält. Ich erkenne sie wieder, weil sie letztes Jahr schon einmal da war, da aber mit einer wesentlich älteren Begleiterin.
"Wir gehen hier durch die Nachbarschaft, um ..." Ich unterbreche sie, um ihr die Zeit zu sparen: "Ich weiss, wir sind uns schon einmal begegnet." DAS wiederum bringt sie kurz aus dem Konzept, weil sie nachdenkt, um herauszufinden, was sie darüber noch weiss. Ihr Arm hängt immer noch in der Luft vor mir, der bunte Zettel darin weht im Luftzug.
Sekunden vergehen und ich setze nach, um ihr auf die Sprünge zu helfen: "Und wieder möchte ich Ihren Blick nach oben richten ..." Ich deute an ihrer Nase vorbei auf den Balken über unserer Eingangstür, wo ein großes silbernes Pentagramm hängt. Der Kopf ihrer Kollegin schnellt hoch und starrt eine Weile darauf, die Wortführerin jedoch findet, ohne zu Zucken, zu ihrem Konzept zurück: "Wir wollten Ihnen nur kurz diese Broschüre zur Verfügung stellen."
Und ich weiss jetzt leider nicht mehr genau, was ich gesagt habe, aber ich erinnere mich noch daran, auf das Deckblatt gesehen zu haben und dann irgendetwas rief wie: "Das bin ja ich!" oder "Der sieht ja aus wie ich!", auf jeden Fall waren sie dann ziemlich schnell weg. Schade.
Ohne Kopfschmerzen wäre ich vielleicht geistesgegenwärtig genug gewesen, zu verkünden, dass ihre Suche vorüber ist, dass es keinen Messias neben mir geben kann und selbstverständlich darf niemand einen anderen Blog neben meinem anbeten, denn nur der ist der einzige Blog!
Ich hätte brennende Dornbüsche ins Treppenhaus werfen sollen und die Heuschreckenplage in Israel? Wer war das? ICH! Muhahah.
[du bist ein ganz schrecklicher prophet]
[Pfft. Man gibt mir ja keine Chance...]