Fragt man in Heidenkreisen herum, um herauszufinden, welche Gemeinsamkeiten uns verbinden, dann wird man nicht viel finden, außer, dass die Natur irgendwie wichtig ist. Wir wollen sie achten und erhalten. Ich denke sogar, der Glaube an eine Beseelung irgendeiner Art ist ein verbindender Faktor. Ob man das kleine Volk oder Feen sieht, oder auch nur die Energien, das ist Lokalkolorit, wir sind uns einig, dass ein Baum nicht nur ein bis dato unbehandeltes Möbelstück ist.

Will man sich auf die Natur konzentrieren, um sie direkter wahrzunehmen, muss man auf viele technische Spielereien verzichten, die vom Wesentlichen ablenken würden. Mir fällt da ein: Auto, Telefon, Fernseher, elektrisches Licht, Heizung mit Temperaturregler, Elektroherd, die Liste wird sehr lang. Ich habe schon Leute kennen gelernt, die haben wirklich fast alles Technische aus dem Leben gestrichen, nur interessanterweise nicht einen kleinen Computer. Den „braucht“ man heutzutage irgendwie für jede Kleinigkeit.

Der Mensch (und ich rufe gerne immer wieder mal in Erinnerung, dass wir in erster Linie alle Menschen sind …)

[ich nicht]
[Psst, euch meine ich nicht und hau ab von meiner Tastatur, Kusch!]

ist ein Mängelwesen.

[das wusste ich, hehe]
[Sehr lustig. Darf ich weitermachen? Vielleicht interessiert das jemanden …]

Will heißen, dass er, seit er sich aus dem Wald heraus zu gehen getraut hat und die prähistorische Steppe betrat und auf Greiffüße und gebückten Gang verzichtete, einen Ausweg aus seiner Misere suchen musste, weil er für das Überleben in der Natur denkbar schlecht ausgestattet war.
Die Haut anderer Tiere als Kleidung, Feuer zum Wärmen und Garen der Nahrung, Speere statt Krallen waren nur der Anfang. Unser heutiger Alltag ist von solchen Errungenschaften übervoll. Wie weit will man das zurückschrauben? Ab wann ist man wirklich nahe am „natürlichen“ Leben? In Zeiten, in denen die vier Biker der Apokalypse auf Motorrädern daherkommen, und die Asatruar ihre Trinkhörner innen mit lebensmittelechtem Lack beschichten, darf hoffentlich gefragt werden, wieviel Recht auf Modernität die authentische Hexe im Jahr 2459 haben darf.

Ich achte die Leistungen unserer Ahnen, die sich ja nicht immer nur gegenseitig getötet, gefoltert und beraubt haben, sondern manchmal, wenn es nicht anders ging, auch ganz praktische Sachen der Natur abrangen und uns als Institution zur Verfügung stellten. Das sind großartige Projekte, wie zB der Kühlschrank, der Dübel oder die Büroklammer. Dabei ist mir aufgefallen, dass mensch eher auf Dinge verzichten kann, die er nicht versteht.

Ich liebe meine Mikrowelle. Ich hatte jahrelang eine winzige Küche mit einem Kühlschrank, einer Mikrowelle und einem kleinen Minibackofen. Damit kam ich sehr gut über die Runden.

Vor ein paar Tagen hatte ich folgendes Gespräch mit einer Freundin, die mit einem knapp zweijährigen Kind gesegnet wurde. Sie war bei uns zu Gast und ich wollte ihr das Essen wärmen, das vor sich hinfröstelte, während sie das Baby fütterte.

„Soll ich das noch einmal warm machen?“
„Ja, bitte.“

Ich mache also die Mikrowelle auf, da sagt sie mit einem Ton, als hätte ich ins Essen gespuckt:
„Nein, nicht mit der Mikrowelle. Das schmeckt mir nachher nicht.“
„Dir schmeckt mikrogewelltes Essen nicht?“
„Irgendwie nicht.“

Ich stehe dumm rum, mit einem Teller in der Hand und weiß nicht, was ich jetzt damit machen soll, da winkt sie genervt und sagt: „Macht nichts, ich esse das kalt.“
„Wie machst Du denn zu Hause Essen warm?“
„Ich esse es gleich auf.“
„Du meinst: wie gerade eben?“

Sie isst mehr oder weniger konzentriert, weil der kleine Mann, der mal ein wunderbarer Rugbyspieler werden wird, nicht still hält und mehr tanzt, als isst. Auch sein Essen wird kalt.

„Soll ich das Essen Deines Sohnes mal eben warm machen?“
„In der Mikrowelle?“ So wie sie guckt, gibt es nur eine richtige Antwort:
„Nein, natürlich nicht.“

Während ich einen kleinen Topf suche, um auf kleiner Flamme die Bestandteile eines hervorragend harmonierenden Gerichts rührenderweise zu Brei zu verarbeiten, frage ich dann doch:

„Kann es sein, dass es Dir bezüglich Deiner Abneigung gar nicht um den Geschmack geht, sondern um irgendwas anderes?“ Sie sagt erkennbar berührt: „Ja.“
„Soll ich Dir mal erklären, wie eine Mikrowelle funktioniert? Das sind Strahlen die beschleunigen die Wasserteilchen von Dingen hinter der Tür und…“
Das will sie aber nicht wissen. Sie winkt ab, ich rühre weiter und als es zu heiss wird und anzubrennen droht, kippe ich die unansehliche Masse auf den Teller. Ich bin ihr nicht böse, ich verstehe es nur nicht und frage weiter:

„Wie machst Du das mit Tee oder Babybrei? Oder mit Milch? Nimmst Du da immer einen Topf?“
„Na klar.“
„Und das musst Du dann beobachten, während es kocht und dann abwaschen? Kennst Du den Begriff ‚Ökobilanz‘?“
„Da hast du recht, ich will das aber so.“
„Ok, ich wollte das nur mal wissen.“

[darf ich jetzt was fragen?]
[Von mir aus.]
[warum zaubert ihr das essen nicht warm?]
[Weil wir das nicht können.]
[pfüh, ich werde nie verstehen, wie ihr so weit gekommen seid…]