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- Veröffentlicht: 15. Februar 2012
Meine erste Reaktion war: „Wow, die sind ja sauer! War ich das?“ Den Vorgang musste ich erst einmal eine Woche ruhen lassen, um mir zu überlegen, wie ich darauf reagieren soll…
Man stelle sich vor: Eine Online-Zeitung für Heiden greift einen Artikel von mir auf, in dem es darum geht, dass viele Hexen in Deutschland sich damit abfinden, nichts zu tun, außer ihren eigenen Wohlfühl-Bereich und ihr Image zu pflegen, wohingegen überall sonst in der Welt (vor allem in den USA) die heidnische Bewegung als eben solche hervortritt. Dort wird sich gemeinsam gekümmert durch die Organisation von groß angelegten Cons, Strassenfesten, Seelsorge- und politischer Arbeit, um aus der belächelten Randzone zu entkommen und unsere Religion nicht nur für Geheimniskrämer und extreme Individualisten zugängig zu machen. Und ich finde eben, dass es an der Zeit ist, dass wir so etwas auch tun.
Aaaber da habe ich nicht mit den Oberhexen [Forum ist aus gutem Grunde mittlerweile geschlossen] gerechnet, die sich über mich beraten haben und zum Schluß kamen, dass nicht wir alle das Problem sind, sondern so Störenfriede wie ich, die alles kaputt machen wollen. Sie behaupten, dass ich ihren schönen Frieden und dem Einklang mit mir selbst schaden wolle, gar die gesamte Religion nicht verstanden hätte und es mir ohnehin nur darum gehe, mein Ego zu pflegen. Sie zerreissen theatralisch ihre Hemd und behaupten, eher Christ werden zu wollen, als in einer heidnischen Solidargemeinschaft leben zu müssen.
Die Art, wie dort und in anderen einschlägigen Heidenforen argumentiert wird, erinnert schon sehr an die evangelikale Tendenz der Tea-Party-Republikaner. Und eines sage ich euch: So sehr wie Obama mithilfe der allgemeinen Krankenversicherung den Sozialismus einführen möchte, genau so sehr geht es mir darum, mich persönlich durch mein Schreiben in Szene zu setzen.
Es scheint in der etablierten Heidenszene einen trägen Kern zu geben, der es nicht richtig findet, etwas zu ändern, es sei alles gut, wie es ist. Und anstatt darüber nachzudenken, ob ich nicht recht haben könne und ob ich nicht ein gutes Beispiel abgäbe wurde mir allen Ernstes vorgeworfen, ich wolle nur mit meinen guten Taten prahlen. Das ist dermaßen sowas … aber so was von!
Ich bin nun mal ein netter Mensch und tue gute Dinge. Pff. Verklagt mich doch. Oder besser: Bringt Beispiele aus eurem Leben und zeigt, dass ihr euch selbstlos um andere Heiden kümmert! Könnt ihr nicht? Oh, schade…
[du hast schaum vor dem mund]
[Wuff. Knurr.]
[tiiief luft holen …]
[Geht schon wieder, danke.]
Aber anstatt nur zurückzuschimpfen, möchte ich noch einmal kurz skizzieren, worum es mir (und wie ich in zahllosen persönlichen Gesprächen feststellen konnte: den meisten anderen auch) geht:
Der klassische Weg zum Heidentum ist der, dass die Nachwuchshexe erst einmal weiß, was sie nicht mehr will und das ist ihre alte Religion und zwar aus Gründen, wie wir sie alle kennen und ich auch schon hier oft aufgeführt habe: Die Idee einer Glaubensgemeinschaft an sich ist zwar in Ordnung, aber einen fernöstlichen Gott anzubeten, der seinen Sohn geschickt und wiederbeleben hat lassen, damit dieser unsere Sünden vergibt, fühlt sich falsch an, man möchte näher an unserer Natur und näher am Erbe unserer Vorfahren etwas machen. Und wenn dann etwas gefunden wird, durch Zufall und meistens im Internet, dann hat man keine Ahnung, was einen erwarten könnte. Der Nachwuchs kommt direkt zum Ritual oder zum Stammtisch und trifft dort Menschen, die es toll finden, Oberpriester zu sein oder besonders coole Zigarettenhalter zu benutzen und schwärmen dort von „… der Energie und so … nee?“
Und da hake ich ein: Leute! Das kann nicht euer Ernst sein! Wollt ihr wirklich, dass wir so wahrgenommen werden? Es ist einem seriösen Journalisten in Deutschland selbst beim besten Willen nicht möglich, gut über uns zu berichten, weil dann so etwas passiert wie: „Oberhexen“, die sich in ihrem „Hexenzirkel“ öffentlich beraten, welche Meinung sie zu haben haben.
Wir brauchen Standards und Personal, das wir öffentlich auftreten lassen können, ohne spontan einsetzendes Fremdschämen. Dann würde auch die Öffentlichkeit uns nicht mehr als Rollenspieler wahrnehmen, sondern als ernstzunehmende Religion, die sich wirklich Gedanken macht um ihre Mitglieder und deren Zukunft. Diese grauen Männer, die auf ihrem Elfenbeinthron sitzen und jedes Andersdenken als zu belächelnden Irrweg abtun (und sich ständig nach allen Seiten absichern müssen, ob nicht doch einer auch sieht, dass der Kaiser nackt ist) sind das Krebsleiden unserer Gesellschaft, leider auch im Heidentum.
Und noch etwas fast Versöhnliches zum Schluss: Ihr seid zwar Teil des Problems, aber könnt noch heute Teil der Lösung werden!
Alles was es dazu braucht ist, den Besenstiel aus dem ... naja halt raus zu ziehen, sich darauf zu setzen und auf unsere Seite zu wechseln. Ihr seid Hexen, ihr könnt das!