„Die Hecke muss weg.“

„Och, wieso? Die ist doch schön?“

„Die piekst.“

„Ja, die hat halt ein paar kleine Dornen.“

„Das sind riesige, messerscharfe Waffen! Die Natur will uns hier eindeutig klar machen, dass sie bereit ist, sich zu wehren ...“

„So ist das halt mit der Natur.“

„... könnte man fast schon als nicht integrationswillig bezeichnen.“

„Dann halte Dich von ihr fern!“ Meine Frau wird langsam ungeduldig.

„Aber ich bin hier der Chef. Wieso soll ich mir von einer blöden Dornenhecke vorschreiben lassen, wo in meinem Garten ich nackt durch die Büsche laufen darf?!“

„Hattest Du das denn vor?“

„Nein, aber ich könnte wollen.“

Über das Gesagte sinnierend, starren wir die Hecke am Randes des Gartens unseres neu gekauften Hauses eine Weile an. Offensichtlich sind die Fronten gespalten. Meine Frau und die Hecke sind für ein Weiterleben dieses stachelbewehrten Fanals, ich bin dafür, dass alles entfernt wird, das mich potentiell angreifen könnte.

Ich suche weiter nach Argumenten: „Mal angenommen, ein Vampir ...“

„Ein Vampir?“ Sie zieht eine hübsche Augenbraue streng nach oben.

„Lass mich ausreden.“ Mahnend erhebe ich den Zeigefinger. „Angenommen, ein Vampir lockt Dich in einer lauen Sommernacht nach draußen in den Garten und Du bleibst mit Deinem luftigen Nachtkleid an den Dornen dieser fiesen Hecke hängen, was dann?“

Sie denkt kurz nach: „Tja, dann würde ich wohl das Kleid ausziehen müssen und nackt weiter durch den Garten schweben.“

„Und das stört Dich kein bisschen? Was sollen die Nachbarn denken?!“

„Die hat doch alle schon der Vampir ausgelutscht.“

„Welcher Vam …? Ach so. Ja. Hm.“

Unnötig zu erwähnen, dass die Hecke blieb. Ich höre sie jetzt jedes mal leise kichern, wenn ich ihr mit dem Rasenmäher bei einer eleganten Wendung zu nahe komme und sie mich in den Allerwertesten piekst. Ich könnte schwören, dass sie ihre Dornen extra nach mir ausstreckt, wenn ich gerade nicht hingucke.

Die Hecke hat auch noch zwei Verbündete: einen Wacholder, der seine trockenen Nadelballen in einem unnatürlich großen Radius um seinen Stamm herum verteilt und verhindert, dass ich barfuß durch den Garten laufen kann und dann natürlich den Großmeister der menschenverachtenden Flora: die gemeine Brombeere.

Diese perfide „Pflanze“ schlängelt sich durch das Unterholz, klammert sich mit jedem ihrer Cthulhu-Tentakel an zwei Stellen fest und macht daraus eine natürliche Schlingfalle. Und zwar mit kleinen fiesen Dornen dran. Das macht aus vegetationstechnischer Sicht überhaupt keinen Sinn, außer alleinig da zu sein, um Menschen zu ärgern! Wenn ich Brombeeren sehe, dann könnte ich mich aufregen! Dazu kommt noch, dass die Früchte, die diese angebliche Kulturpflanze trägt, nahezu ungenießbar bitter sind. Sogar meine Frau ist dafür, diesen buschgewordenen Terroristen auszuroden, aber wir trauen uns nicht.

Wir haben uns nach einer folgenschweren, aber komplett erfolglosen Schlacht darauf geeinigt, hundert Jahre zu warten, bis ein Prinz das mit seinem scharfen Schwert erledigt.