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- Veröffentlicht: 14. April 2016
Es begab sich, dass ich die Kinder ins Bett bringen durfte. Bei uns schlafen die beiden Mädchen im großen Kinderzimmer und der Junge nebenan in seinem.
Normalerweise lassen wir die Türen dem Kinderwunsch gemäß offen. Und das ist ganz praktisch, weil dann im Notfall schnell nach den Eltern gerufen und die Toilette umgehend ohne Stolpern gefunden werden kann.
Natürlich stört sich hin und wieder vor allem der Sohnemann daran, wenn die Mädchen noch plaudern und kichern und mahnt rüde die Nachtruhe an. Ich biete ihm darauf hin immer an, er möge die Tür doch schließen, dann wäre Ruhe, aber das will er nicht. (Er braucht dann doch die Nestwärme, zumindest über den Flur hinweg ...)
An diesem einen besagten Abend aber machte die große Tochter mit Einverständnis der kleinen die Tür leise zu und auf meine verwunderte Nachfrage meinten sie, dass das schon okay sei.
Einschub: Anmerkung: Immer wenn Kinder gemeinsam etwas machen, ohne Diskussion, ohne Streit, dann ist da etwas im Busch. Dennoch gebe ich ihnen immer die Chance, mir zu beweisen, dass das falsch sei.
(Notieren Sie sich bitte: Fehler 1)
Eine Stunde später stand der Sohn in der Tür zu meinem Arbeitszimmer und teilte mir mit, dass die große Tochter heimlich Schokolade aus der Küche geholt habe und damit im Zimmer verschwunden sei.
Meine erste Reaktion war: Ärgern.
Zweite Reaktion: Ich pfiff den Jungen zurecht, dass er sich da gar nicht einzumischen habe und er schlafen soll. Wenn ihn irgendetwas stört, soll er doch endlich seine Tür schließen!
(Fehler 2)
Als drittes ging ich ins Mädchenzimmer und fragte, ob denn jemand Schokolade geholt habe und beide sagten, dass das auf keinen Fall passiert ist und sie nicht wüssten, wovon ich spräche, ich möchte sie doch endlich schlafen lassen, sie seien müde. Das war natürlich gelogen, aber konsequent und solidarisch.
Ab dann war tatsächlich Nachtruhe und ich hatte die Muße, meinen Ärger aufzuarbeiten.
Der innere Konflikt, der mich beschäftigte bestand aus zwei Seiten der Erziehung: Einerseits ist es richtig, zu melden, wenn eines der Kinder merkt, wenn ein anderes Mist baut. Andererseits kann ich es nicht leiden, wenn jemand als Verräter auftritt. Ich konnte mich partout nicht entscheiden, was ich besser fand: Dass die Mädchen raffiniert zusammenarbeiteten, oder dass der Große so eine ehrliche Haut ist.
Leider hatte ich mich spontan ja schon entschieden, indem ich meinem Sohn zu verstehen gab, dass ich sein Gesnitche missbillige. Würde er sich dann in Zukunft trotzdem noch vertrauensvoll an mich wenden, falls irgendetwas kritikwürdiges vorliegt? Hatte ich den Mädchen indirekt kommuniziert, dass Lügen zu bevorzugen ist und heimliches Umgehen der Regeln okay ist und straffrei bleibt?
Man muss im Leben auch lernen, dass raffiniertes Verhalten und ein sorgsamer Umgang mit dem Abweichen von der Wahrheit wichtig ist. Das braucht man jeden Tag, wie wir alle wissen. Und niemand mag Petzen. Für mich als Erziehungsberechtigten ist es aber wichtig, dass die Kinder zumindest zu uns ehrlich sind.
Bestenfalls haben alle etwas daraus gelernt. Der Kummerkasten in mir empfängt aber Signale, dass alle Beteiligten negatives Karma aus dieser Nacht aufgeladen haben. Da bin ich aber nicht sicher, wie sollte ich es auch sein. Ich bin ja als Vollzeitpapa berufsbedingt zum Sorgen verpflichtet.
Aber was mache ich, wenn so eine Situation noch einmal vorkommt? Werde ich mich dann anders verhalten, ist das dann inkonsequent?
Aarghl ...