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- Veröffentlicht: 03. April 2014
Ich durfte gestern ins Kino gehen. Der Film war großartig und 3D ist einfach nur der Hammer!
Aber ... um dorthin zu gelangen war ich gezwungen, die Strassenbahn zu benutzen. Und kurz nachdem ich den (vollkommen überteuerten) Fahrschein abgestempelt hatte und mich auf einen freien Platz setzte, da sah ich sie und rief leise aus:
"Oha: Männer ohne Eigenschaften."
Denn da standen sie schon, gekennzeichnet mit den neoliberalen Insignien der Macht:
die VRR-Security!
Und der bodygebuildetste von ihnen kam spontan auf mich zu und brüllte durch den Waggon: "Fahrschein?! Und was war das eben?"
Ich zeigte ihm meine (vollkommen überteuerte) Transportmittelerlaubnis und sagte: "Definiere 'Eigenschaften'."
Er: "Was?!"
Ich: "q.e.d."
Er glotzte kurz aggressiv und spulte (fühlbar) intern den Verhaltenskatalog ab, den er bei der zweistündigen Security-Schulung vorgesetzt bekommen hatte, watschelte dann aber mangels Möglichkeiten wieder in die Mitte der Bahn.
Ich setzte an, mir ein Bier zu öffnen, aber wurde von einem (und das finde ich interessant) Schwarzen mit Akzent darauf hingewiesen, dass das eine schlechte Idee sei, denn dies sei verboten.
(Wenn das die Nazis gesehen hätten: geweint hätten sie, dass ein blonder Deutscher von einem "Neger" auf teutsche Ordnung hingewiesen wird ...)
Ich dankte ihm für den Hinweis und brüllte, sehr zur Belustigung der Fahrgäste in die Richtung des M.o.E.: "EY KOLLEGAH! Ist das jetzt wahr? Man darf zwar 2,5 Tacken für eine einfache Fahrt zahlen, aber kein Bier trinken?!"
Er nickte.
Ich setzte nach: "Im Flugzeug zahle ich weniger als einen Cent pro Kilometer und man kann Randalierer nicht rauswerfen, aber da bekomme ich Martini und Whisky bis zum Abwinken und hier darf ich nicht mal ein Bier trinken, um mich davon abzulenken, dass die zwei Kilometer bis zum Kino 20 Minuten dauern? Ich meine: Geht's noch?"
Und dann kam der Klassiker: "Jetzt werd mal nicht frech?!"
Also starrte ich erst einmal aus dem Fenster und wartete, dass andere einstiegen.
Das waren tendenziell verwirrte Jugendliche, die 5 Minuten darüber schwadronierten, wer wem einen runterholt und wo der gerade wartet. Um das zu recherchieren konsultierten die laufend ihr Whatsapp.
Währenddessen hatten sie tatsächlich nichts anderes zu tun, als (total leise und unauffällig) über meine (!) Schuhe zu diskutieren, weil die ja von Victory, und deshalb total peinlich, seien.
Als der Mann ohne Eigenschaften dann ihre Fahrerlaubnis sehen wollte musste ich leider schon aussteigen und fragte beim auf den Knopf drücken: "Frage an alle Anwesenden: Was sind die drei Grundsätze unseres Wahlrechts?" 1)
Ich erntete belustigte und ungläubige Blicke.
"Eure Ahnen sind dafür gestorben, das werdet ihr, als Wahlberechtigte ja wohl wissen, oder?"
Und bevor sich die Tür hinter mir schloss: "Boah, seid ihr blöd."
Weshalb ich das schreibe? Nicht um mich über Jugend und Dämlacks aufzuregen, sondern weil eine alte Frau mit Rollator mir auf der Rolltreppe direkt in die Augen sah und den Daumen nach oben gab.
Das fand ich gut.
1) allgemein, öffentlich und geheim (das weiss selbst mein kleiner Junge!)