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- Veröffentlicht: 04. Juli 2012
Heute haben wir das erste Zeugnis bekommen. Das heisst, der älteste Sohnemann hat es bekommen.
Also offiziell "bekommen", denn überreicht wurde es nur bei persönlichem Erscheinen von mindestens einem Elter, nach Terminvereinbarung und gegen Unterschrift. Es wurde mir vorgelegt, ich hatte es gleich zu lesen. Um 11:20. In meiner improvisierten Mittagspause zwischen zwei Geschäftsterminen. Sitzend auf einem viel zu kleinen Kinderstuhl.
Erhalten habe ich ein zweiseitiges Dokument. Eng maschinenbeschrieben. Mit langen, nein endlosen Sätzen. Es gab quasi nur einen Absatz, bis hin zu Seite 2 unten, vor: "Der Schüler hat an Jeki teilgenommen."
Am Ende angekommen, atmete ich erstmal aus, wie jemand der versucht, einen Dreiminutensatz mit einem Atemzug zu Ende zu sprechen. Hängengeblieben ist bei mir die wunderbare Wortkombination: "... beteiligte er sich mit wechselnder Anstrengungsbereitschaft."
Sie sah mich aus müden, urlaubshungrigen Augen an und witterte wohl meine Anstrengungsbereitschaft, diesen ganzen Kladderadatsch zu hinterfragen, aber sie irrte sich. Ich wollte eigentlich nur raus. Nachdenken. Oder ein Bier trinken. Oder so.
Ich habe dann nach Feierabend meinen Sohn aus der Nachmittagsbetreuung abgeholt und seine erste Frage war: "Bin ich in die 2. Klasse gekommen?"
Ich sah eine Weile auf das Zeugnis, das ich immer noch in der klammernden Hand hielt, während sich mehr und mehr Freunde meines Sohnes gespannt um uns versammelten und fragend guckten.
Doch dann, ganz unten auf Seite 2: da stand: "Der Schüler nimmt ab 01.09. 2012 am Unterricht der Klasse 2a teil." Ich rief erfreut: "Ja, hier steht etwas von einer 2a. Ich denke, das ist gut." Er setzte nach: "Und habe ich ein gutes Zeugnis?"
Ich drückte es ihm in die Hand und sagte: "Lies selbst."
Er kam genau bis zum dritten Wort und gab es mir zurück. Wir gingen zum Auto und fuhren nach Hause.
Seitdem reden wir nicht mehr darüber. Ist wohl schon so ein Männerding.