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- Veröffentlicht: 13. Juli 2009
Ich würde es gerne sehen, wenn es Plätze für uns gäbe, an denen wir uns treffen können, um spirituelle Feste zu feiern. Hier scheiden sich leider drei Geister:
- Die Geheimniskrämer, die sagen: Unser Altar ist der Wald! Wir brauchen keine festen Plätze, sondern nur einen schönen Ort. Eingeweihte kennen ihn und können andere dort hinführen.
- Die Sektierer, die fordern: Es sollte zur besseren Orientierung und als Zeichen für die Öffentlichkeit, fixe Plätze und Bauwerke geben, die der erbauenden Gruppe als Tempel dient. Eingeweihte sind verantwortlich für die Pflege, erlauben den Zutritt und verweigern ihn.
- Die Baumeister, die aufführen: Wir sollten klein anfangen und der heidnischen Öffentlichkeit und Interessierten ein Begegnungszentrum errichten, zentral in Deutschland gelegen. Mit minimalen Mitteln und ein wenig Zusammenarbeit erbaubar. Es bräuchte nur ein bis zwei Pfleger/Gärtner. Jeder könnte kommen und gehen, solange er die Regeln des Anstands wahrt.
Erinnert sich noch jemand an Alex bzw. Karl die Großen? Oder Dareius, Arminius oder Dschinghis Khan, Attila? Wieso kennen wir diese Jungs eigentlich noch nach Hunderten von Jahren? Was hatten sie gemeinsam?
Sie hatten mit einem großen Problem zu kämpfen: Den Stammesfürsten. Sie waren offiziell vielleicht König oder sonst ein Chef aller Banden, aber jedes kleine Pups-Tal gab seine Souveränität nur unter der Androhung oder Ausführung von Gewalt her. Und erst als alle besiegt befreit waren, wuchsen Staaten zu ihrer Blüte heran. Deswegen klappt das auch in Afghanistan noch nicht, weil die verantwortlichen Kriegstreibenden anscheinend alle Kunst statt Geschichte in der Schule gewählt hatten.
Die Zeiten, zu denen nur eine gewaltsame Lösung der Einigkeit auf die Sprünge half, sind wegen den Medien vorbei. Der eine Herrscher kann dem anderen per YouTube-Video zeigen, was mit ihm geschieht, wenn er nicht pariert, was der wieder per GoogleEarth verifizieren kann, der twittert dann mal eben seine Verhandlungsbereitschaft rüber und ändert sein MySpace-Motto von „Schurke“ auf „Kumpel“. Da muss kein Blut fließen. Aber Einsicht muss entstehen.
Angeblich kann man Einsicht durch Argumentation erzeugen. Das halte ich für falsch. Meiner Erfahrung nach braucht es immer drastische Erlebnisse, um Menschen von gewohnten Pfaden zu entfernen. Viel zu häufig folgt er der Weisheit: „Konsequenz ist, auch einen Holzweg zu Ende zu gehen.“
Wir schaffen es in Deutschland ja nicht einmal die offensichtliche und seit Jahrzehnten vorhersehbare Rentenfalle, in die wir tappen werden, anständig auszudebattieren. Da wird weiter gelogen und gehofft, weil man sich denkt: So schlimm wird es schon nicht werden und wenn doch, trifft es hoffentlich nur die Anderen.
Was muss man also unternehmen, um die Heiden zu einer gemeinsamen Bewegung zu treiben?
Ich weiß es nicht.
Vielleicht durch gutes Vorbild ein Ideal erzeugen, dem viele gerne folgen, das könnte gehen. Aber wer soll das bezahlen?
Neben dem Problem der Uneinigkeit steht noch das Problem der Öffentlichkeitsscheu. Fast alle Heiden haben Angst davor, von kleidertragenden, morbid-kannibalistischen Weihrauchschwenkern als Freaks ausgelacht zu werden. Ich denke, das ist unbegründet, aber was kann man gegen Urängste schon machen?
Die Indianer sind auch nicht scheu, auf offener Straße eine Zigarette zu segnen und dabei zu tanzen. Da klatscht das deutsche Touristenpack im Takt mit und ist zu Tränen gerührt ob so viel Authentizität.
Aber wenn es darum geht, seine (neu gefundene) Spiritualität offen auszuleben, dann haben die meisten von uns, Angst davor, als lächerlich dazustehen oder Schlimmeres. Man geht auf die Beerdigung des Großvaters nicht mit Pentakel um den Hals, denn was soll die Oma denken! Richtig?
Deshalb machen die Hohepriester, Coven-Häuptlinge und Asatru-Päpste auch so ein Geschiss um ihre Tradition, ihre Geheimnisse und weiß-ich-nicht-was. Weil sie Angst haben, dass sie an Macht und Recht verlieren, wenn sie sich mit anderen öffentlich einig zeigen.
Wir sind zu scheu.
[Ich hätte geschworen, dass Du diese Stelle kommentieren würdest.]
[wir treten nicht auf jemanden, der am boden liegen]
[Was soll das heißen?]
[du jammerst rum … buhu, die sind alle doof und tun nicht, was ich sage … buhu]
[Du hast nicht viele Freunde, was?]
[werde doch mal konkret, was du machen möchtest]
Ich war gestern am Fluss. Wir haben da eine nette Uferlandschaft mit Weiden, Sandstränden, Böschungen, schattigen Bäumen und Feuerstellen. An sich ist es da sehr schön, nur lassen die Wanderer und Griller aus irgendeinem Grunde ihren ganzen Müll zurück. Die Nase rümpfend, ob der verschandelten Wege und Plätze setzte ich mich unter einen alten Baum mit breiter Krone. Es regnete an diesem Tag, deshalb war ich alleine. Das heißt, nicht ganz alleine.
Bedächtig und konzentriert kamen zwei Menschen den Weg entlang, gingen an mir vorbei und verschwanden flussaufwärts zwischen den Bäumen. Der Mann hatte einen Müllsack dabei und sein kleiner Sohn eine Greifzange. Immer, wenn der Kleine ein Papier gefunden und mühsam aufgegriffen hatte, durfte er es beim Vater in den Müllsack stecken. Wenn es zu schwer war, dann half der Alte schon mal. Währenddessen erzählte er Geschichten über die Bäume und den Fluss, die der Sohn neugierig kommentierte.
Als ich dann auf dem Rückweg an einem Mülleimer vorbeikam sah ich, dass die Beiden zwei volle Müllsäcke daneben gestellt hatten, mit einem Zettel in krakeliger Kinderschrift: „Lieber Mülmann, wir wollten Dir ein bißsschen helfen. Wir hoffen, es geht dir gut.“
Das fand ich schön. Es gibt halt doch noch Menschen, die völlig selbstlos gute Dinge tun, wie zB den Müll Anderer wegräumen oder einen Regenwurm nach dem Schauer von der Straße in die Wiese heben. Sie tun dies, obwohl niemand zusieht und einfach nur, weil sie … schwierig zu sagen … gute Menschen sind.
[warst du nicht gestern auch mit deinem sohn am fluss?]
[Ja, richtig.]
[und du hattest ihm doch gerade erst so eine greifzange gekauft?]
[Auch richtig.]
[dann wart nicht zufällig ihr beiden das und den zuseher hast du nur erfunden?]