Mein erstes großes Beltane Fest feierte ich mit einem bunt und sympathisch zusammengewürfelten Haufen im Waldviertel in Oberösterreich.

Anfang der Neunziger gab es noch nicht viel Internet. Das meiste bekam man durch Mundpropaganda mit oder durch Aushänge im Ethno-Laden. Es gab gerade mal drei Bücher, die jeder kannte: Bardon, Starhawk, Crowley (V., nicht A.) und viel Rohmaterie, aus der sich eine vielleicht mal interessante Religion herausbilden könnte. Dementsprechend unbeschwert und vielseitig waren auch die Gäste unseres damaligen Treffens.

Die Unterhaltungen waren unverkrampfter, kommt mir vor, weil noch keiner richtig überzeugt war von dem, was er tat und die Kerzengespräche des Nachts mehr hatten von einer christlichen Beichte, bei dem man sich Ballast von der Seele redet und Bestätigung sucht. In allem ruhte diese Freude, endlich einmal mit ebenso unnormalen Menschen zusammen zu sein, wie man selber.

Wir musizierten, tanzten, schwitzten, ritualisierten, lachten, feierten bis zum Umfallen. Den großen Maibaum errichteten wir mit eigenen Händen, alle zusammen. Wir experimentierten mit Kreppbändern, Bastschnüren oder Tüchern, um herauszufinden, was am besten geeignet ist, um den Maibaum zu „umweben“ (es blieb bei keinem eindeutigen Ergebnis, denn alle hatten Vor- und Nachteile, Bast ist zu dünn und zu kurz, Krepp zu wasserlöslich und färbt ab und Tücher sind teuer und schwer) und beim Abschied weinten wir so manche Träne.

Zu Litha traf sich dann aber noch mal genau dieselbe Truppe noch einmal am selben Ort und es war wieder genau so schön. Ich weiß noch, dass ich die Ehre hatte, den Baum zu fällen. Diese Art körperlicher Betätigung tut mir bei so etwas gut. Man muss Rituale mit vollem Einsatz leben, nicht nur passiv im Kreis stehen, wie es heute so oft gemacht wird.

Mit dem Sturz des Maibaums gingen wir auseinander, um uns nicht wieder in dieser Form zu begegnen. Jeder fing einen neuen Lebensabschnitt irgendwo in Europa an, nur einer blieb zu Hause. Er hatte ein kleines Häuschen im Grünen, lebte von Schnitzerei und brauchte nix zum Leben. Von uns allen war er der zufriedenste und bescheidenste, immer freundlich und ruhig.

Ich habe erfahren, dass er unlängst gestorben ist. Es wurde Krebs diagnostiziert, dann hat er noch ein paar Monate gelebt und als es zu Ende ging, hat er sich in seinen Garten gelegt und ist weggegangen. Keine Familie, aber viele gute Erinnerungen hat er hinterlassen. Zu früh gegangen, möchte man sagen, aber so weit ich erfahren habe, hat er sich auch darüber nicht beschwert. Jetzt sitzt er im Sommerland und gibt meinem Avatar eine Kopfnuss, weil ich unnötig rührselig hinschwadroniere.

Du warst einer von den Guten. Auch wenn das Gras aus Deinem Garten immer viel zu kratzig war.

Au!