Ich hasse diese etablierten Foren, wo ein Haufen eitler Selbstdarsteller versucht, seine halbgaren Ansichten in die Welt zu kotzen. Niemand hört wirklich zu oder liest mit Hirn, was andere schreiben. Es geht nur darum, mehr Beiträge zu verfassen als andere und auf Döbel komm raus, recht zu haben.

Weil ich gebeten wurde, jemandem zu helfen in einem Gebiet, auf dem ich mich auskenne, habe ich meine Skrupel noch einmal über Bord geworfen, mich registriert und eine lange Antwort gegeben. Natürlich wird die wieder zerpflückt werden, aber vielleicht erreicht sie wenigstens den Fragesteller. Ich will es aber keinem vorenthalten, deshalb hier der Beitrag:

[reg dich erst mal wieder ab]
[Ich bin ruhig.]
[bist du nicht]
[Bin ich wohl!]
[jetzt wirst du auch noch aggressiv]
[SOFORT in die Kiste zurück, oder ich retourniere Dich, Du Haustürgeschäft!]

Thema: Vaterschaft und Spiritualität


Zitat:
"… aber so der Schnitt, wo Mann weiß, "hey, jetzt geht's los", ist noch immer nicht so wirklich da"

Das stimmt! Der Moment, in dem mir meine Frau mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist, war für mich überhaupt nicht einschneidend. Ich habe es akzeptiert, mit Freude.

Aber, wie Du sagst, es ändert sich noch nichts.

Du fragtest nach Vater sein aus spiritueller Sicht. Das ist ein schwieriger Ansatz. Weil ein Kind zu bekommen in erster Linie ein natürlicher Vorgang ist. Und Naturreligiösität heisst für mich unter anderem, sich bewusst zu machen, dass wir eben auch nur Tiere sind. Diese Erkenntnis hilft mir, viele Vorgänge entspannter zu betrachten, weil sie plötzlich erklärbar werden. Ich selber durchlief folgenden archaischen Ablauf:

1. Weibchen ist schwanger mit Kind von mir >> Muss Weibchen schützen
2. Was braucht das Weibchen? >> Feuer und Fleisch
3. Weibchen kann nicht jagen >> Mann muss Fleisch ranschaffen
4. Fleisch wächst nicht mehr in der Prärie >> Geld muss her
5. Geld wächst auch nicht im Garten >> Arbeit?
6. Arbeit

Die ersten Monate ist nichts anderes wichtig als sich zu vergewissern, dass man bald Vater wird. Zum Glück hat die Göttin dem Mann eine Aklimationsphase von 6 Monaten geschenkt. Er hat also vom 2. Monat (Frau merkt, dass sie ein Kind bekommt) bis zum 8. Monat (Frau macht gelegentlich immer noch Witze über ihren dicker werdenden Bauch) Zeit, die drei wichtigen Fragen zu klären:

1. Will ich Vater sein?
2. Will ich, dass diese Frau die Mutter meines Kinds ist?
3. Habe ich die nächsten 30 Jahre nichts anderes vor?

Es klingt banal, aber wie viele Beziehungen sind gescheitert, weil man sich in genau diesen Fragen belügt! Für diese Fragen Antworten zu finden ist wichtiger, als über den hexischen Zusammenhang zu grübeln. Wie mein Großvater sagte: Erst wird das Pferd gefüttert, dann geht der Cowboy in den Saloon.

Der letzte Monat ist hart, vor allem für die Frau natürlich. Sie verliert zunehmend ihren Humor und merkt, dass sie, gegen jede Hoffnung, doch nicht die eine große Ausnahme ist, der eine schmerzfreie Geburt bevorsteht. Dazu kommen noch üble Schmerzen in den Gelenken und die Aussicht, für immer dick zu bleiben. Letzteres wurde zwar schon milliardenmal widerlegt, aber diskutiere NIEMALS (!) mit einer schwangeren Frau.

Zitat:
"... ich kann mich ja nicht jeden Tag der Schwangerschaft volldröhnen, um den schwangerschaftsbedingten Zickenterror zu ertragen..."

Doch. Das geht. Und es geht gut. Ich steh auf meine Frau schon deshalb, weil sie eben dafür Verständnis hat. Ich habe aber dann auch Verständnis dafür, wenn sie gelegentlich neidisch ist und mich anschreit. Mannomann, es ist aber auch sicher eine intensive Erfahrung, einen tyrannischen Parasiten im Bauch zu nähren. Sooo schlimm ist die Zickerei nicht.

Zitat:
"… aber wie man den Anspruch auf Spiritualität umsetzt und wie man sich auf die Geburt vorbereitet: Fehlanzeige"

In Geburtsvorbereitungskursen lernt man viel. Zum Beispiel seine Nervosität zu verlieren, weil man merkt, dass es doch noch andere Männer gibt, die erstens Vater werden und zweitens bereit sind, sich bei einer komplett unnötigen Übung zum Affen zu machen: Atmen.
Das überlässt Du während der Geburt gefälligst der Hebamme. Hier kommt ein 1a Gold-Luxus-Tip: Nimm Dich bei der Geburt zurück. Die unromantisch veranlagte und übernächtigte Hebamme, die Deiner Frau in Kasernenton sagt, dass das wirklich nicht funktioniert mit dem Zurückschieben und sie soll jetzt gefälligst sofort wieder anfangen zu pressen, das kann kein Mann in jeder noch so gefestigten Beziehung besser machen. Deine Aufgabe ist es, stundenlang Händchen zu halten, nicht mehr, nicht weniger.

Zurück zum Moment vor der Geburt: Sie reden einem ein, dass es dauern kann und man die ersten Wehen nicht ernst nehmen soll. Das ist eine dreiste Lüge. Der Moment, ab dem die Frau die Endphase der Schwangerschaft erlebt, die mit der ersten Wehe zu Hause beginnt, erfordert vom Mann, sich in einen Zustand permanenter Aufmerksamkeit zu begeben. Das ist deshalb schwierig, weil er in den letzten Wochen erfolgreich gelernt hat, eben nicht alles wirklich ernst zu nehmen und wegzuhören, wenn der Babyträger seine „Momente“ durchlebt.

Während der Rausholphase muss der Mann absolut wach sein. Denn Ärzte sind hier oft bemerkenswert hilflos. Ich habe geholfen, den Stromstecker für das Hebebett zu suchen, einen Kaiserschnitt zu verhindern, die Arzthelferin davon abgehalten, den fünften (!) Sauerstofftest (da pieksen die in den schon erscheinenden Scheitel des Babies, das noch nicht ganz da ist, um die Sauerstoffversorgung im Labor testen zu lassen) und ihr gesagt, sie soll lieber mal die Chefärztin holen, die dann auch erfolgreich die Saugglocke angesetzt hat. Auch hier ist keine Zeit und kein Spielraum für Überlegungen nach Spiritualität.

Dann kommt er, der große Moment. Der Urmann merkt, dass er wirklich Vater wird. Er wird plötzlich damit konfrontiert, dass nicht nur das obenbenannte Weibchen, sondern auch ein weiterer Mensch, sein eigen Fleisch und Blut, zu ihm gehört.
Der Mann verliert in diesem Moment seine Freiheit und seine Sorglosigkeit. Das Baby, das dann im Arm liegt ist der Bonus, aber das neue Leben hat schon begonnen.

Alles wird anders und alles wird gut.

Man kann vor der Geburt schon mit dem Bauch singen, das Baby strampeln hören, aber ich finde ganz persönlich, dass das Kind mit Durchtrennung der Nabelschnur nicht mehr Teil der Mutter ist und eben erst dann Platz dafür ist, einen Vater im Leben zu akzeptieren.

Das macht es mir so schwer, die Frage nach der spirituellen Betrachtung zu beantworten. Das Kind ist ein normaler Mensch. Man muss ihn im selben spirituellen Kontext sehen wie alle anderen Menschen. (Teil des Kreises in einem Kreis, etc.)
Die Gedanken, die Du Dir machen musst (zusammen mit der Mutter) sind: Wie erziehen wir das Kind spirituell? Welche Bräuche pflegen wir, wie erkläre ich gewisse Dinge? Dafür muss man sich über die eigene Spiritualität und dessen Stellenwert im Leben bewusst werden. Und das zweite ist nur, sich klar zu machen, dass ein Stück von einem selber in diesem Kind steckt, das habe ich aber selbst noch nicht verdaut.

Quellen für gute Tipps sind auf "The Witches Voice" in der Abteilung Pagan Parenting zu Hauf zu finden. Empfehlen würde ich auch wenn Du mal nach „Bill Cosby as himself“ siehst. Er beschreibt das Problem zweier Intellektueller, die sich bemühen, ein Kind auf natürliche Weise zur Welt zu bringen.

Und bitte bitte: Versucht nicht, das Baby außerhalb eines Krankenhauses zu gebären. Das klingt zwar zuerst romantisch, aber es hat einen Grund, warum 50% der erstgebärenden Frauen früher im Kindbett gestorben sind. Das ist dann zwar so richtig nah an der Natur, aber man muss es ja nicht übertreiben. Wenn es beim ersten Kind „geflutscht“ hat, kann man es bei den nächsten Niederkünften immer noch im Wald unter einer Linde bei Mondschein probieren. Da sollte eine coole spirituelle Hebamme helfen, so eine ist aber echt schwer zu finden. Die haben zumeist entweder einen an der Klatsche oder können nicht viel.

[das war ein wenig hart]
[Is' doch wahr ...]
[was, wenn das eine richtig gute hebamme liest?]
[Die möchte sich bitte melden und ich werde ihr Agent.]