Als ich unlängst an der Kasse einer Tankstelle stand und darauf wartete, meine Nummer aufsagen zu dürfen, war vor mir ein älterer Herr mit Cordhut und schwafelte den Kassierer zu.

Ich habe nicht genau hingehört, denn mit den Gedanken war ich woanders, der Klang der Rede folgte aber einer leisen, freundlichen Melodie. Nachdem ich aber mein Telefon gecheckt, das Wetter beobachtet und die Vielfalt der Waren in der Tankstelle hinreichend bewundert hatte, wurde ich ungeduldig, denn es waren schon ein paar Minuten vergangen und auch der Kassierer nickte in immer schnellerem Takt, um zu signalisieren, dass er sich zwar gerne Zeit nimmt, aber unheimlich gerner weiterarbeiten würde.

Schließlich kam das erlösende Tschüß und der Kunde ging links ab.
Ich rückte vor und fragte: "Und kennste jetzt die ganze Lebensgeschichte?"
Er seufzte und sagte: "Jo, und dann noch ein 'Scheiss-Ausländer' am Schluß, echt mühsam."
Ich grinste und wunderte mich: "Gibt es denn noch so Leute?"
Er zuckte mit den Schultern: "Anscheinend."

Als ich im Auto dann so darüber nachdachte, fiel mir schon auf, dass das Schimpfen über die "Ausländer" nicht mehr en vogue ist. Ich denke, es ist zwangsweise in der Gesellschaft dieser Generation angekommen, dass wir damit leben dürfen, nicht mehr ein reiner Arierstaat sein zu wollen. Es wird ja auch zunehmend schwieriger, wenn in allen Medien, in der Politik, in den Schulen, Krankenhäusern und Arztpraxen und nicht zuletzt auf dem Fussballplatz, die exotischeren Namen langsam aber sicher die Überhand gewinnen.

Bedauerlicherweise gibt es immer noch ein paar überzeugte Nölnasen, aber die Zielgruppe ihrer Schimpftiraden ist nicht mehr wirklich angreifbar. Sie arbeiten nicht mehr nur in Hilfsjobs und sind schwache Bittsteller, sondern wichtige Mitglieder unserer Solidargemeinschaft, sprechen perfekt Deutsch (naja, die Fussballer vielleicht nicht) und tragen eine zunehmend höhere Steuerlast.

Die "Ausländer raus"-Fraktion besteht nur mehr aus Alten und Asozialen, denen es richtig peinlich sein muss, dass die Eltern ihres Arztes aus Indien kommen, ihres Abgeordneten aus der Türkei, des lustigen Schauspielers aus Tunesien und sie selber in Sprachkursen lernen müssen, wie man die Namen jedes zweiten Nationalspielers ausspricht.

Unmerklich hat sich unsere Gesellschaft in den letzten 10 Jahren wesentlich verändert: Die Exoten verstecken sich in kleinen Dörfern im Osten hinter Mauern und bringen ihren kleinen Kindern bei, Stellen aus "Mein Kampf" aufzusagen. Beziehungsweise lassen sich von einer feinfühligen russischen Pflegerin mit den zarten Händen der Kugelstoßerin, die sie einst war, den Po abwischen.

Somit ist die Ironie der Geschichte: Die letzten "Ausländer"-Hetzer fallen einer biologischen Lösung zum Opfer, MUHAHAHA! Oder wie der Engländer sagt: "Up yours!"